Bestandserfassung der Waldohreule rund um Barmstedt im Brutjahr 2010
von Torsten Nummsen
Die Waldohreule ist neben den Waldkauz die häufigste Eulenart in Schleswig-Holstein. Aber wie häufig ist sie im Bereich meines Heimatortes Barmstedt? Diese Frage stellte ich mir im Sommer 2010. Um den Gesamtbestand zu erfassen, hätte ich im März den leisen und unauffälligen Balzruf des Männchens verhören müssen. Für diese aufwendige Erfassungsart war es zu spät und so entschied ich mich für die Erfassung der rufenden Jungvögel im Juni und Juli.
Der Bettelruf der Jungvögel ist ein schriller Ruf, der in der Nachtzeit über Stunden von den Jungen vorgetragen wird. Ich setzte mich deshalb an insgesamt 12 windstillen Sommernächten auf mein Fahrrad und fuhr in Gebiet von 50 km² die dort vorhandenen Wege ab. Auf diese Weise wurde ein Wegenetz mit einer Länge von 100 km abgefahren. Ausgehend davon, dass die Jungvögel mindestens 300m weit zu hören sind, konnte so die gesamte Fläche abgedeckt werden. Während meiner Fahrradtouren stieg ich ca. alle 200 – 500 m kurz ab und lauschte in die Nacht hinein. Neben lauter Musik, Hundegebell und anderen Zivilisationsgeräuschen waren auch Eulen zu hören, was mich zum Weitermachen animierte.
Rot: Verhörstrecke
Hellgrün: Grenze des Erfassungsgebietes
Lila: Festgestellte WOE-Bruten mit rufenden Jungvögeln (s. auch nächste Karte)
2. Ergebnisse der Untersuchung im Jahr 2010
- Waldohreule: 10 Bruten (1x 2 Jungvögel, 6x mind. 3 Jungvögel, 3x genaue Anzahl nicht zu ermitteln)
- Waldkauz: 6 Bruten (1 x 2 Jungvögel, 4 x mind. 3 Jungvögel, 1x Anzahl Jungvögel nicht ermittelt)
- Schleiereule: 1x Brut (Feststellung durch Kastenkontrolle) und 1 x ein rufender Altvogel.
Roter Punkt: WOE-Brut mit rufenden Jungvögeln
Grüner Punkt: Waldkauzbrut mit rufenden Jungvögeln
Blauer Punkt: Schleiereulenbrut
3. Anmerkungen
Die Jungvögel von vier Paaren wechselten häufig ihre Position, teilweise zogen sie bis zu 400m weiter. Bei nah zusammenliegenden Bruten musste ich benachbarte Paare deshalb an mehreren Nächten aufsuchen und neu verhören. Nur so ließen sich Doppelzählungen vermeiden. Nur bei drei Bruten blieben die Jungvögel während des gesamten Untersuchungszeitraumes im Juni standorttreu.
Die Häufung im westlichen Bereich des Untersuchungsgebietes regte auch zu intensiven Verhöraktionen in anderen Bereichen an. Grundsätzlich bleibt aber festzustellen, dass ein erneutes Abfahren bereits abgefahrener Strecken in keinem Fall zur Entdeckung weiterer Bruten führte.
Es ist eine deutliche Präferenz für Siedlungsbereiche erkennbar. Nur 3 Paare brüteten ausserhalb der Dörfer/der Stadt. In zwei nördlich bzw. östlich von Barmstedt gelegenen Wäldern konnten keine rufenden Jungvögel verhört werden. Ohne dass hier ein Zusammenhang begründet werden soll, sei erwähnt, dass in diesen Wäldern 3 Uhupaare und 2 Habichtpaare festgestellt werden konnten (Raddatz mdl.).
Auch die jungen Waldkäuze rufen in der Nacht, jedoch erfahrungsgemäß nicht so laut und anhaltend wie die Waldohreule. Ich halte es daher für durchaus möglich, dass in dem Gesamtgebiet mehr als 6 Waldkauzpaare erfolgreich brüteten.
An einer Stelle im nördlichen Voßlocher Wald (westlich von Barmstedt gelegen) riefen 2 Waldkauz-Jungvögel. Erstaunlicherweise war diese Waldkauzbrut quasi von jungen rufenden Waldohreulen umzingelt (Entfernungen: 300m, 600m und 300m).
4. Voßlocher Wald: Rückblick und Aussicht
Auf den westlich von Barmstedt gelegenen Voßlocher Wald mit einer Größe von 200 ha möchte ich gerne genauer eingehen.
Hans-Jürgen Raddatz vom Nabu Barmstedt unterstützte mich teilweise bei meiner Suche nach den Waldohreulen. Während einer nächtlichen Exkursion erzählte er mir, dass er im Jahr 1977 im Rahmen seiner Greifvogelerfassung – quasi nebenbei - auch die Bestände der Waldohreule Vosslocher Wald erfasste. Allein in diesem kleinen Gebiet konnte er damals 8 Waldohreulen-Bruten feststellen, s. nachfolgende Karte (basierend auf den Daten von Raddatz von 1977):
rot: Waldohreule, grün: Waldkauz
Im Jahr 1982 wiederholte Raddatz seine Nachsuche. Ergebnis: 5 Waldohreulenbruten.
Auf die Frage, warum im südlichen Waldbereich im Jahr 2010 keine Waldohreulen brüteten, antwortete er, dass dort kaum noch Krähennester zu finden seien. Weiterhin habe südlich des Waldes ein großflächiger Grünlandumbruch stattgefunden.
4. Kontrolle im Brutjahr 2011
Aus Zeitgründen war es mir nicht möglich, die komplette Fahrradstrecke im Juni 2011 erneut abzufahren. Das Teilgebiet "Vosslocher Wald" wurde jedoch auch in diesem Jahr komplett abgesucht. Weiterhin wurden alle aus dem letzten Jahr bekannten Jungvögel-Rufplätze des Gesamtgebietes im Juni 2011 mehrfach von mir aufgesucht. Das Ergebnis war sowohl für die Waldohreule als auch für den Waldkauz ernüchternd. Es konnten keine Bruten festgestellt werden. Auch in Märznächten durchgeführte Verhöraktionen verliefen für beide Eulenarten negativ. In einem östlich gelegenen Gebiet in und um Lentföhrden habe ich einige Weidenkörbe in Nadelbäume gehängt. Diese Maßnahme verlief jedoch erfolglos. Die Körbe waren nie belegt und verrotteten schnell.