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2018 - Anschlag auf Schleiereule

Anschlag auf eine Schleiereule - eine kleine Kriminalgeschichte.

© Achim Busekros

Unsere Nisthilfen sind vermutlich auch ein Ort großer und kleiner Tragödien in der Tierwelt. Viele Betreuer haben schon Kadaver von Schleiereulen oder auch anderen Vögeln als Folgen von Nahrungsmangel oder Prädatoren entfernen müssen.

Ein Kriminalfall der Tiergeschichte ereignete sich in diesem Jahr in einem der von mir betreuten Nistkästen (NK) – versuchter Totschlag eines Dohlenpaares an einer weiblichen Schleiereule!

Der NK ist auf einem Pferdehof mit einem seit Jahren konstant hohen Dohlenbestand installiert. Und Dohlen nutzen bekanntermaßen sehr gerne unsere Kästen. Dazu kommen noch ein oder zwei Turmfalken-Paare, die ebenfalls im NK brüten wollen. Der Schleiereule gelingt es daher nur selten, hier erfolgreich zu brüten. Meistens wird sie vertrieben.

Aber was passiert dieses Jahr? Im Gegensatz zu einer frühabendlichen TV-Krimi-Serie sind wir als entfernte Beobachter in diesem Fall vollständig auf Indizien, die Fantasie und etwas ornithologisches Fachwissen angewiesen, um den vermeintlichen Tathergang zu rekonstruieren.

Die Tat ereignet sich wahrscheinlich in der letzten Aprilwoche 2018.

Das Schleiereulenweibchen legt im Brutraum ein Ei ab und beginnt mit ihrem Brutgeschäft.

Wahrscheinlich zeitgleich beabsichtigt ein Dohlenpaar, ebenfalls im NK zu brüten. Normalerweise nutzen die Dohlen auch den großen Brutraum. Aber welch negative Überraschung für unsere schwarzgefiederten Freunde – der Brutraum ist belegt und das Schleiereulenweibchen erweist sich als wehrhaft.

2018 Mordanschlag Foto 1 Brutraum SE Ei

Diesjähriges Eulen-Ei und der verschlossene Durchgang

Aber Dohlen sind clever: Wenn man die Eule schon nicht vertreiben kann, soll sie wenigstens das eigene Brutgeschäft nicht stören! Also nutzen die Dohlen die Tagruhe der Eule und schaffen in kurzer Zeit Zweig um Zweig, Halm um Halm in den Vorraum des Kastens und bauen dort ihr Nest. Der Bau wächst schnell heran. Instinktiv spürt die Schleiereule, dass der Ausgang aus dem Brutraum und somit aus dem Kasten in Kürze verschlossen sein wird. Ihr gelingt es vermutlich in letzter Sekunde aus dem Brutraum zu entkommen!

Die Dohlen vollenden den Nestbau, bis der Durchgang zum Brutraum vollständig verschlossen ist, das Weibchen legt vier Eier, brütet sie aus und Mitte Mai schlüpfen vier Küken.

2018 Mordanschlag Foto 2 Vorraum Dohlen Nest

Dohlennest im Vorraum, links erhöht der versperrte Durchgang

Es kann sich auch alles anders zugetragen haben. Doch wenn der Brutraum frei gewesen wäre, hätten die Dohlen ihn wie sonst üblich genutzt und ihr Nest dort gebaut.

An dieser Stelle könnte der Kriminalfall beendet sein. Doch Ende Juni beim Reinigungstermin hatte dieser NK noch eine Überraschung für mich parat. Die jungen Dohlen befanden sich erwartungsgemäß nicht mehr im NK. Der Durchgang zum Brutraum war zum großen Teil wieder frei. Und der Brutraum selbst war von schwarzen Federn und ausgerissenen Flügeln übersät.

2018 Mordanschlag Foto 3 Brutraum mit Federn und Flügel

Brutraum mit schwarzen Federn und Flügel

Allem Anschein nach wurde mindestens eine Dohle gerupft. Kam die Schleiereule zurück und hat sich an den Dohlen gerächt? Hat sie mindestens einen der fast flüggen Jungdohlen getötet und gefressen?

Auch dies ist rein spekulativ wie die gesamte Geschichte.

Zurück bleiben ein frustrierter Gebietsbetreuer, ein nicht ausgebrütetes Eulen-Ei und ein Haufen Unrat im Vorraum des Nistkastens. Und die Hoffnung, dass die Schleiereule einen anderen Platz gefunden hat.

Mittlerweile wurden die NK modifiziert. So ist es aufgrund der Vergrößerung des Durchgangs nun nicht mehr ohne weiteres möglich, den selbigen zu verschließen.