Jahresbericht 2022 Zur biologischen Vielfalt
Der Landesverband Eulenschutz in Schleswig Holstein e.V. ist in diesem Bericht der Landesregierung in diesem Jahr mit der Sumpfohreule vertreten:
# Sumpfohreule
Einleitung
Nach den Berichten der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft für Schleswig Holstein und Hamburg (OAGSH) aus den Jahren 2003 und 2008 beschreibt in dieser Ausgabe der Landesverband Eulenschutz die Brutsaison 2022 der Sumpfohreule in Schleswig Holstein.
Die Eulenart mit den speziellen Habitatsansprüchen und dem ausgesprochenem vagabundierendem Verhalten wird das ganze Jahr über in Schleswig Holstein beobachtet. Ihre Lebensweise unterscheidet sich deutlich von den anderen Eulenarten. Anstatt auf Bäumen oder in Gebäuden brütet die Sumpfohreule auf dem Boden. Sie bevorzugt hierzu Sümpfe und Moore. In Schleswig Holstein findet man sie aber auch in Dünen der Nordseeinseln, in naturbelassenen Flussniederungen sowie extensiv genutzten Mäh- und Weideflächen. Außerhalb der Brutzeit zieht sie über große Entfernungen. Häufiger als andere Eulen ist die Sumpfohreule auch tagaktiv. Dieses Verhalten und das Massenaufkommen in besonders reichen Mäusejahren (Einflugjahren) tragen zu umfangreichen Beobachtungen bei. Sie zählt mit insgesamt 2.000 Sichtungen bei ornitho.de zu den gut dokumentierten Eulenarten.
In Schleswig Holstein ist die Art nicht flächendeckend vertreten, sondern kommt nur zerstreut, dem jeweiligen Nahrungsangebot folgend, vor, sodass die Brutdichte sehr großen Schwankungen unterworfen ist. Sicher ist, dass nach dem Auflösen der Wintergemeinschaften einige Eulen sich zum Brüten entscheiden, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind.
Das Brutjahr 2022
Außergewöhnlich und erwähnenswert ist das Einflugjahr 2019 mit 120 Brutpaaren in Schleswig Holstein. Dieses Ergebnis konnte in 2020 und 2021 nicht gehalten werden. Im Jahr 2022 hat die Sumpfohreule mindestens 16 Mal (nachweislich) in Schleswig-Holstein gebrütet.
Die Beobachtungsmeldungen der Sumpfohreule zwischen April und Juli auf ornitho.de sind nicht immer ein Hinweis auf Bruten. Es kann sich ebenso um späte umherstreifende Zugvögel oder Exemplare handeln, die nur den Sommer in Schleswig Holstein verbringen (Nichtbrüter). Die Übersicht der gemeldeten „möglichen/wahrscheinlichen“ Bruten unterscheidet sich deshalb auch ziemlich stark von der Dokumentation der „sicheren“ Bruten in Schleswig-Holstein (Abb.2).
Als sichere Brut wird nur gezählt, wenn es mehrfach und wiederholt
a) zu Beobachtungen von Balz- und Revierverhalten,
b) zu Beobachtungen von Ansitz des Männchens auf den gleichen Warten,
c) zu Beobachtungen von Nahrungseintrag bzw. Übergabe,
d) zur Entdeckung von Gelegen und Beobachtung von Jungvögeln
gekommen ist.
In Schleswig Holstein gibt ein deutliches Ost- Westgefälle. Die Nordseeküste (incl. Insel und Halligen), das Elbvorland sowie die Marschen bieten gegenüber der Ostseeküste die besseren (Lebens-) Bedingungen. Trotz regelmäßiger Winterbeobachtungen ist 2022 keine Brut im östlichen Teil des Bundeslandes nachgewiesen worden.
Die meisten Sumpfohreulen wurden in Dithmarschen beobachtet und mit 11 Brutpaaren konnte ein ganz außerordentliches Ergebnis dokumentiert werden. Es handelt sich speziell um das Gebiet Miele- und Windberger Niederung mit Zentrum „Ehemaliger Fuhlensee“.
Ein Team von Biologen, Naturschützern, Ornithologen sowie Mitarbeiter der „Stiftung Naturschutz“ bzw „Bündnis Naturschutz Dithmarschen“ haben in einer ehrenamtlichen und sehr professionell abgestimmten Aktion die gesamte Brut- und Aufzuchtphase begleitet. Großer Respekt für den Einsatz geht an Klaus Jödicke, Axel Halley, Malte Hoffmann, Heiko Timmermann, Hilger Lemke und Paul Trumpf sowie Nadine Braker. Um die wertvollen Habitate zu schützen und der Eule eine optimale Reproduktion zu ermöglichen, ist sehr viel Enthusiasmus und noch mehr Manpower gefragt. Regelmäßige Mahdbegleitung, Feldbegehungen (zum Teil mit Drohneneinsatz) zum Aufspüren von Gelegen und viele ehrenamtliche Beobachtungsstunden wurden hier erbracht. Nicht zu vergessen: Artenschutz ist (wie so oft) nur mit der Einbindung lokaler Strukturen erfolgreich. Netzwerke und Kontakt zur Landwirtschaft und Jagdpächtern bildeten hier wie selbstverständlich einen wichtigen Baustein.
Zum Glück ist ein Großteil der Flächen in der dithmarscher Niederung im Besitz der Stiftung Naturschutz. Es waren aber dennoch aufregend kurzfristige Aktionen nötig, um Flächen zu sichern, die morgens gemäht werden sollten, auf denen am Abend vorher noch ein Beuteeintrag des Altvogels beobachtet wurde. Die intensive Zeit vor Ort führt zu wichtigen Erkenntnissen und Erfahrungen über die Lebensgewohnheiten dieser Art in Schleswig Holstein.
Einige immer wiederkehrenden Fragen, die gestellt wurden: Was macht ausgerechnet die dithmarscher Niederungen für die Sumpfohreule so interessant? Es gibt sicherlich vergleichbar gute Standorte in Schleswig Holstein. Welches Muster führt zu diesem untypischen hohen Aufkommen außerhalb eines Einflugjahres? Sind es noch die Auswirkungen von 2019 ? Ist es möglich, mit den entsprechenden Maßnahmen, eine dauerhafte Population in Schleswig-Holstein zu installieren? Der Artenschutz stellt uns hier vor eine ambitionierte Aufgabe.
Auf dem nordfriesischem Festland konnten zwei gesicherte Bruten (Hattstedtermarsch und Südermarsch bei Husum) durch Martin Kühn bestimmt werden. Zwei wahrscheinliche Bruten am Gotteskoogsee bei Niebüll und im Katinger Watt / NSG Grüne Insel bei Tönning konnten nicht weiter verfolgt werden. Auf Amrum ist die Sumpfohreule mehrfach bei Norddorf beobachtet worden. Weitere Brutzeitdaten über die Nordfriesischen Inseln liegen nicht vor.
In folgenden weiteren Gebieten gab es 2022 zum Teil einzelne Beobachtungen.
Bei der Sumpfohreulenmeldung im April am Birknack/ Geltinger Birk handelte es sich offensichtlich noch um einen Wintergast. Aus dem langjährigen Dichtezentrum der Sumpfohreule im Europäischem Vogelschutzgebiet der „Eider-Treene-Sorge-Niederung“ liegt dem Autor 2022 keine bestätigte Brut vor.
Die Brut 2019 in der Hörner Au-Niederung / Kreis Pinneberg ist ein Einzelfall geblieben. Das Gebiet wird intensiv von mir beobachtet. In den Jahren 2020, 2021 und 2022 ist hier keine Sumpfohreule mehr beobachtet worden.
Auch im Europäischem Vogelschuztgebiet „Oldenburger Graben“ liegt keine Dokumentation oder Beobachtung einer erfolgreichen Brut 2022 vor.
Ausblick
Nur eine extensive Grünlandnutzung mit einem späten Mahdtermin wird der Eule in Zukunft mehr Chancen für erfolgreiche Bruten einräumen. Es kommt darauf an, dass Bruten entdeckt und gezielte Schutzmaßnahmen auf den konkreten Flächen mit den Gelegen und Jungen umgesetzt werden. Die Renaturierung und Wiedervernässung von Mooren und Sümpfen spielen sicherlich eine wichtige Rolle, wobei der Vogel diese speziellen Landstriche nicht zwangsläufig benötigt. Wie bereits erwähnt, werden Bruten auch in naturbelassenen Flussniederungen sowie extensiv genutzten Mäh- und Weideflächen dokumentiert. Dort, wo Flächen in der Betreuung oder Eigentum von Vereinen oder Stiftungen sind, ist ein effektiver Schutz bereits sehr gut möglich.
Der Landesverband Eulenschutz in Schleswig-Holstein e.V. möchte das Thema Artenschutz und Biotopschutzmaßnahmen für die Sumpfohreule zum festen Bestandteil der Verbandsarbeit machen.
Mit 40 Jahren Erfahrung im landesweiten Artenschutz werden der Verein mit seinen ehrenamtlichen Gebietsbetreuern und die Artenkoordination im Verband das Projekt erfolgreich steuern.
Ein Netzwerk aus den unterschiedlichsten Natur- und Artenschutzverbänden sollte das Projekt komplettieren.
Ralf Ratzmer
Landesverband Eulenschutz Schleswig Holstein e.V.
www.eulen.de